Am 20. September 1972 ging Dr. Wolfgang G. Friedmann gegen 16 Uhr die Amsterdam Avenue auf der Höhe 122nd Street in Manhattan entlang, unweit der Columbia University, wo der Starjurist lehrte.
Plötzlich griffen drei Jugendliche Dr. Friedmann an, entrissen ihm sein Portemonnaie und versuchten ihm seine Armbanduhr vom Handgelenk zu ziehen. Der Professor wehrte sich, es kam zu einem Kampf, bei dem er einen tödlichen Messerstich ins Herz erlitt.
Die Polizei erfuhr durch einen anonymen Anruf von dem Vorfall. Die wenig später eintreffenden Beamten fanden die Leiche des 65-jährigen Juristen. Sein graues Hemd und sein blauer Blazer waren blutverschmiert, sein Portemonnaie fehlte und sein Aktenkoffer lag neben ihm.
Es war das tragische Ende eines bewegten Lebens. Friedmann wurde 1907 in Berlin geboren, wo er noch in jungen Jahren zum Richter avancierte. Nach der Machtübernahme der Nazis floh der jüdische Jurist aus Deutschland. Im Zweiten Weltkrieg diente er im britischen Geheimdienst und danach bei der alliierten Militärregierung. In den 1950er-Jahren kam er nach New York, wo er zu einer Koryphäe des internationalen Rechts mit Weltruf wurde. Er lehrte nicht nur in der Columbia University, sondern war auch Teil von Fakultäten in Universitäten in Melbourne und Toronto.
Das ein solcher Mann, mit Frau und vier Söhnen, durch ein brutales, vollkommen unprovoziertes Verbrechen am helllichten Tag ums Leben kam, war auch in den 1970er Jahren, wo es viel mehr Gewaltkriminalität in New York als heute gab, schockierend und schlug sofort hohe Wellen.
Bürgermeister John Lindsay gab noch am Abend seiner Erschütterung Ausdruck und teilte mit, dass er Polizeichef Patrick V. Murphy angewiesen habe, rund um die Uhr nach den Angreifern zu fahnden. Lindsay sprach bald nach der Tat mit May Friedmann, der Witwe des Professors, um sein tiefstes Mitgefühl auszudrücken. Ein Artikel über die Tat erschien am nächsten Tag auf der Titelseite der New York Times. Hier kam auch zur Sprache, dass niemand an diesem Nachmittag dem Professor zur Hilfe kam.
Die Täter wurden schnell gefasst. Es waren Steve Robinson, 22, sein Bruder David Robinson, 15, und ein Freund, Daniel Mingues, 15. Sie wurden später wegen bewaffneten Raubüberfalls zu Strafen zwischen 7 Jahren und 25 Jahren verurteilt, von denen mindestens die Hälfte abzusitzen war.
1975 wurde der Dr. Wolfgang Friedmann Memorial Award ins Leben gerufen – ein Preis, mit denen Juristen für herausragende Leistungen in Sachen des internationalen Rechts bis heute ausgezeichnet werden.