
Von 1928 bis 1929 war Dietrich Bonhoeffer Hilfspfarrer in einer kleinen deutschen Gemeinde in Barcelona. Wie es bei deutschen Predigern in dieser Zeit üblich war, hielt er die Mitglieder an, sehr national zu denken. Der Schutz deutscher Interessen sei auf Gedeih und Verderb vorrangig, auch wenn es das Opfern der Leben anderer Völker bedeute.
Im akademischen Jahr 1930/31 kam Bonhoeffer als Postdoktorand nach New York, wo er in Abyssinian Baptist Church, einer schwarzen Kirche in Harlem, diente. (Die Kirche wird heute übrigens von Besuchern aus der ganzen Welt wegen ihrer vorzüglichen Gospelgottesdienste besucht.)

An Abyssinian Church unterrichtete er unter anderem in der Kindersonntagsschule. Dort schloss er eine Freundschaft mit Albert Franklin Fisher, genannt Frank, einem afroamerikanischen Studenten. Fisher brachte Bonhoeffer die rassistischen Ungleichheiten und Demütigungen, denen schwarze Menschen in den Vereinigten Staaten ausgesetzt waren, nahe. Er ermöglichte es dem deutschen Theologen, Gemeindemitglieder zu Hause zu besuchen. Wie diese Menschen oft im Vergleich zu weißen Amerikanern lebten, war eine augenöffnende Erfahrung für den Mann aus Berlin.

Wie er später schrieb, sah der Bonhoeffer die Gemeindemitglieder als Menschen, die trotz der Behandlung, die sie oft erfuhren, Jesus treu blieben. Es sei für ihn ein Zeichen, dass Christus sich mit den Unterdrückten identifizierte. In der Abyssinian Baptist Church „wurde das Evangelium von Jesus Christus, dem Retter der Sünder, wirklich gepredigt.“
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wehrte er sich gegen die hypernationalistischen Impulse, die er einst selbst hegte. „Gott hat es so eingerichtet, dass alle Menschenrassen der Erde von einem Blut abstammen, deshalb ist trotziger ethnischer Stolz in Fleisch und Blut eine Sünde gegen den Heiligen Geist … Auch hier drängt das Gebot der Liebe, den Christen für seinen Nächsten einzustehen“, schrieb er.

Die Gräueltaten des Nazi-Regimes, die unsägliches menschliches Leid zur Folge hatten, besonders für Juden, bewegten Bonhoeffer, sich 1944 an einer Verschwörung zu beteiligen, deren Ziel es war, Hitler zu beseitigen und eine neue Regierung einzusetzen, die Krieg und Qual ein Ende bereiten sollte. Die Verschwörung wurde aufgedeckt und Bonhoeffer kam ins KZ Flossenbürg in der Oberpfalz. Am 9. April 1945 wurde er dort nackt zum Galgen geführt und gehängt. Er war 39 Jahre alt. Sein Bruder Klaus und seine Schwäger Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher wurden in derselben Woche in Berlin hingerichtet. Nur einige Wochen später ging der Krieg zu Ende und die Menschen im KZ Flossenbürg wurden befreit.