Der schiefe Turm von Manhattan – die Geschichte einer 300 Mio. USD Bauruine

One Seaport an der Maiden Lane im Financial District in New York war als sechzigstöckiger Ultraluxusturm mit 80 Wohnungen und extravaganten Annehmlichkeiten wie Infinity-Pool, Hydrotherapie-Spa und einer privaten Vorfahrt (eine Rarität in Manhattan) geplant. Zehn Jahre nach Beginn der Arbeiten ist es eine Bauruine, in der bereits 300 Mio. USD stecken. Was ist passiert?

Fundamente für Wolkenkratzer im Finanzdistrikt werden üblicherweise durch das Eintreiben von Stahlpfeilern in den Untergrund gelegt. Obwohl es sich bei dem Grundstück am East River nicht einmal um natürliches Land handelte, sondern um eine Mischung aus Steinen, Sand, Müll, Schiffswracks und was sonst noch im 17. Jahrhundert verwendet wurde, um mehr Land zu schaffen, entschied sich Bauherr Fortis Property Group gegen die Erstellung eines herkömmlichen Fundaments. Man wählte stattdessen das 6 Mio. USD günstigere Verfahren der Betoninjektion. Und das, obwohl die von Fortis selbst beauftragten Berater vor einer möglichen Schieflage des späteren Turms warnten.

So sollte One Seaport aussehen

Die Arbeiten begannen 2015. Als der sich im Bau befindliche Turm vier Jahre später vermessen wurde, wies er eine Schieflage von bis zu 25 cm auf. Obwohl dies keine Gefährdung darstellt, ist es bei einem Neubau schockierend. Der einzige andere derartige Vorfall in jüngerer Zeit in den USA ist der Millenium Tower in San Francisco, ebenfalls ein ultraluxuriöses Apartmentgebäude.

Die Nachricht von dem Defekt brachte dem One Seaport-Projekt schnell einen schlechten Ruf ein und das Vorhaben wurde in den Medien lächerlich gemacht (der schiefe Turm von Manhattan). Die verschiedenen Beteiligten versuchten einander Schuld zuzuweisen und die eigene Haftung zu begrenzen. Bauträger, Banken, Wohnungskäufer, Baufirmen und Subunternehmer reichten Klagen und Gegenklagen ein, die größtenteils noch immer vor Gericht anhängig sind.

Zehn Jahre nach Beginn der Arbeiten und fünf Jahre nach der letzten Bautätigkeit ist nicht klar, wie und ob das Projekt zu retten ist. Ironischerweise ist dies alles auf den Versuch zurückzuführen, 6 Mio. USD einzusparen, also um die 2% der Summe, die bisher in das unvollendete Projekt geflossen ist.