In New York gibt es unzählige Delis oder Bodegas. Das sind kleine Läden, die mit ‘Spätis’ oder Kiosken in Deutschland vergleichbar sind, aber mehr Sortiment haben und in denen man sich schnell ein paar Sachen holt.
Ihren Anfang nahmen die Shops in den 1920er-Jahren, als viele Puerto-Ricaner nach New York kamen, nachdem Bewohner der Insel 1917 amerikanische Staatsbürger wurden. Einige von ihnen eröffneten die Art von kleinen Lebensmittelgeschäften, Bodegas, die sie von zu Hause kannten. Anfangs war die Hauptklientel andere Puerto-Ricaner, die dort Lebensmittel aus der Heimat oder lieb gewonnene Artikel wie religiöse Kerzen kaufen konnten.
Das Geschäftsmodell änderte sich in den Jahren immer mehr vom Verkauf von puerto-ricanischen Waren zu dem eines Tante-Emma-Ladens mit Schwerpunkt auf Alltagsartikel wie Milch, Brot, Getränke, Konserven, Süßigkeiten und auch Zigaretten und Bier (härteren Alkohol dürfen die Delis nicht verkaufen). Mit diesem Sortiment wurden die Shops ein Ort für einen schnellen Einkauf, für alle Arten von New Yorkern.
Andere ethnische Gruppen machten sich das Konzept zu eigen und bis in die 1960er-Jahre fand man die Art von Laden überall in der Stadt. Sie wurden immer mehr als Delis bekannt (abgeleitet vom Wort Delikatessen, obwohl es in der Realität nie das war, was sie verkauften).
Heute gibt es keinen Unterschied zwischen einer Bodega und einem Deli, und die Begriffe sind austauschbar. Das Wort „Bodega“ taucht praktisch nie mehr auf der Beschriftung eines Ladens auf, wird aber in der Alltagssprache in Vierteln mit vielen Hispanoamerikanern verwendet.
Die Delis sind lange geöffnet, einige sogar 24 Stunden am Tag, obwohl das immer seltener wird. Der Großteil der Läden wird heute von Einwanderern aus der Dominikanischen Republik und dem Jemen betrieben. In vielen Läden findet man eine Katze, die frei herumlaufen darf, und manche New Yorker würden sagen, dass ein Deli ohne Katze kein richtiger Deli ist.
Neben Warenregalen haben die Delis eine Theke für Essen zum Mitnehmen, besonders Sandwiches. Alles wird speziell für den Kunden zubereitet. Eine weitere wichtige Umsatzquelle sind oft Lotterietickets.
Delis sind Läden, in denen man sich schnell ein paar Sachen holt, nicht wo man den Wocheneinkauf tätigt, da Waren tendenziell etwas teurer als in Supermärkten sind und es nur eine beschränkte Auswahl gibt. Das Konzept trägt sich, da New York so dicht besiedelt ist, dass laufend Menschen in einen Deli kommen, auch wenn es hundert Meter weiter einen anderen gibt.
Die Shops stehen nicht in Konkurrenz mit Supermärkten, aber eine andere Art von Anbieter, die ‚Lieferung in 15 Minuten‘ Internetfirmen wie die deutschen Unternehmen Gorilla und Jokr versuchten mit Millionen an Investmentgelder in den „schnell ein paar Sachen kaufen” Markt in New York einzudringen. Sie scheiterten aber kläglich.
Es gab einige Gründe für den Misserfolg dieser Firmen (Artikel hierzu), aber sie verstanden mit Sicherheit auch die Sympathien der New Yorker für ihre Delis nicht. Für viele Menschen sind diese Shops Teil der Seele der Stadt. Neben dem reinen Einkauf haben die Läden auch eine emotionale Komponente. Kunden und Arbeiter kennen sich oft, wechseln gerne einmal ein paar Worte und die Stadt wird so ein Stück menschlicher.