Der Blackout von 1977
Die 1970er-Jahre waren eine schwere Zeit für New York. Die Wirtschaft war marode, die Stadt war nahezu bankrott und die Kriminalität schien von Jahr zu Jahr zu steigen. Vieke von den Leuten, die es sich leisten konnten, zogen in die Vororte.
Im Sommer 1977 war die Atmosphäre besonders angespannt. Die Temperaturen brachen Rekorde, und die schwüle New Yorker Hitze war an vielen Tagen unerträglich. Die Polizei fahndete fieberhaft nach einem Serienmörder, der später als ‚Son of Sam‘ bekannt werden sollte. Seine Taten beherrschten die Medien. (Spike Lee hat in seinem Film „Summer of Sam“ die Atmosphäre des Sommers 1977 eingefangen.)
Und dann gingen die Lichter aus.
Der Stromausfall, der in der Nacht zum 13. Juli 1977 begann, dauerte in einigen Gegenden fast 25 Stunden und ist mit seinen Plünderungen und Brandstiftungen eines der dunkleren Kapitel in der Geschichte New Yorks.
Verursacht wurde der Blackout durch Gewitter, die mehrere wichtige Leitungen in Westchester County nördlich der Stadt lahmlegten. Mit einem Schuss Pech führte dies zu einer Kettenreaktion, und letztendlich hatte ab 21.27 Uhr niemand in der Stadt mehr Strom.
Der Blackout in den Ghettos:
In den New Yorker Ghettos brodelte es schon lange und der Blackout kippte vieles ins Hässliche. Menschen nahmen den Stromausfall zum Anlass, um Geschäfte in ihren Vierteln auszuräumen und oft Feuer zu legen. „Es ist Weihnachten, es ist Weihnachten“, riefen die Plünderer, wie das „Time Magazine“ damals berichtete.
Viel Brandstiftung wurden von den Laden- und Hausbesitzern selbst begangen. Der Hauptgrund war, dass Geschäftsleute in Ghettogegenden keine Diebstahlversicherung bekommen konnten, aber viele der Shops Brandpolicen hatten. In diesem Chaos wurden Feuerwehrmänner oft mit Steinwürfen begrüßt, wenn sie zu Löscharbeiten eintrafen.
Am Ende gab es nahezu 4.000 Verhaftete und 55 verletzte Feuerwehrleute. Die Summe der Gesamtschäden belief sich auf die für die damalige Zeit gewaltige Summe von 150 Millionen Dollar.
Ohne die Plünderer entschuldigen zu wollen muss die Gewalt im Zusammenhang mit der damaligen Zeit gesehen werden, so Kenneth Jackson, Professor an der Columbia University und Experte für New Yorker Stadtgeschichte. „Der Stromausfall geschah mitten in einer Rezession, zu einer Zeit, in der die Stadt extrem sparen musste und es tiefe Einschnitte selbst bei so grundlegenden Versorgungsleistungen wie Müllabfuhr und Schulen gab. Die Arbeitslosenquote war enorm hoch. Es war ein reizbares und oft hoffnungsloses New York, dass seine Lebensqualität dahinschwinden sah. Es gab viel Spannungen zwischen den Rassen.“
Die Polizisten erhielten die kluge Anweisung, nicht zu schießen, außer ein Leben sei in Gefahr. So konnte die totale Eskalation vermieden werden.
Der Blackout zementierte bei vielen New Yorkern und Menschen landesweit das Bild vom kaputten Großstadtmoloch, mit einer kriminellen Unterschicht, die macht, was sie will und anständige Menschen terrorisiert. In den Tagen danach schrieben (beinahe ausnahmslos) weiße Journalisten Geschichten über die (fast immer) schwarzen Kriminellen und zitierten Polizisten, die die Plünderer als „Tiere“ bezeichneten. Viele Afroamerikaner beschwerten sich, da sie mit den Plünderern – einer Minderheit – in einen Topf geworfen wurden.
Der Blackout von 1965
Die Situation während des ersten großen Stromausfalls im Jahre 1965 hätte nicht unterschiedlicher zu 1977 sein können.
Der Blackout am 9. November 1965 begann um 17.27 Uhr. Ein defektes Relais in einem Kraftwerk im kanadischen Ontario führte zur Überladung des nordamerikanischen Stromnetzes und verursachte einen totalen Ausfall im gesamten Nordosten der USA sowie in einigen kanadischen Provinzen. Geschätzte 30 Millionen Menschen waren der Kälte und Dunkelheit ausgesetzt.
In New York gab es statt Plünderungen eher eine Woge von Geselligkeit und Hilfsbereitschaft. Gestrandete Reisende kampierten in den Eingangshallen der Hotels. New Yorker regelten den Verkehr, um das durch den Ausfall der Ampeln bedingte Verkehrschaos zu lindern. Andere halfen Feuerwehrleuten, die die Menschen aus den U-Bahnen wieder nach oben ans Tageslicht brachten, nachdem die Züge im Tunnel stecken blieben.
„An den Stromausfall von 1965 haben die Menschen gute Erinnerungen. Es war eine geteilte Erfahrung. Niemand starb. Er war mit 13 Stunden auch relativ kurz“, so Professor Jackson. Man, dass viele New Yorker die Zeit für Sex nutzten. Und tatsächlich berichtete die „New York Times“ am 10. August 1966 über eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Geburten. Im Mount Sinai Hospital kamen 28 statt der durchschnittlichen 11 Babys auf die Welt, im Bellevue Krankenhaus 29 statt 12.
Der Blackout von 2003
Der letzte große Stromausfall am 14. August 2003 wurde hauptsächlich durch ein Softwareproblem bei einem Zulieferer in Ohio verursacht. Ja nach Gegend fiel der Strom zwischen 24 und 36 Stunden aus. Der Blackout zeigte, wie enorm sich die Stadt in dem Vierteljahrhundert seit 1977 verändert hatte. Die New Yorker benahmen sich so zivilisiert, wie man es sich nur vorstellen kann. Es gab keinen einzigen Zwischenfall von Plünderungen und Gewalt. Stattdessen saßen viele New Yorker auf der Straße vor ihren Häusern und unterhielten sich mit den Nachbarn, wozu sie normalerweise keine Zeit fanden Es half, dass der Blackout im Sommer stattfand und tagsüber begann. „New York 2003 war eine andere Stadt als 1977“, sagte Jackson. „Es herrschte wieder mehr Ordnung hier und es gab viele Bürger, die stolz auf ihre Stadt waren.“
Vieles davon, so glaubt Jackson, ist dem schrecklichen Desaster zu verdanken, dass die Stadt erst kurz vorher erleben und überleben musste. „Nur zwei Jahre nach den Anschlägen vom 11. September waren die Leute erst einmal erleichtert, dass es nur ein Blackout war, und kein Terror. Ich denke auch, 9/11 hat die Menschen dazu gebracht, wieder mehr aufeinander zuzugehen“, sagt Jackson.
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