New York Besuchern kann es manchmal so vorkommen, als ob vor jedem zweiten Gebäude ein “Sidewalk Shed“ – ein Bauverschlag auf einem Bürgersteig (Sidewalk) – steht. Tatsächlich gibt es laut der zuständigen Behörde ‘Department of Buildings“ (DOB) fast 10.000 dieser Aufbauten in New York, die meisten in Manhattan.
Den Sidewalk Sheds sind vielen New Yorkern ein Dorn im Auge. Sie verschlingen wertvollen Platz auf dem Bürgersteig, nehmen Sonnenlicht, schaden Geschäfte und werden gerne einmal als Mülldeponie genutzt.
Tatsächliche Bauarbeiten – wie die Errichtung eines neuen Gebäudes, erfordern diese Schutzeinrichtungen sicher, aber wenn man nach oben guckt, sieht man oft keine Spur irgendwelcher Aktivität, oft nicht einmal Gerüste. Warum gibt es dann so viele dieser Aufbauten?
Die anfängliche Verbreitung der Sheds geht auf einen Vorfall am 16. Mai 1979 zurück. Die 18-jährige Grace Gold, die von einer Abschlussfeier kam, machte sich mit ein paar Kommilitonen auf den Weg, um sich Geld bei ihrer Bank an der Ecke Broadway und West 115th Street zu besorgen. Ein Stück Mauerwerk fiel vom Gebäude, traf sie am Kopf und Grace starb vor den Augen ihrer Freunde.
Nach einem Aufschrei in der Öffentlichkeit erließ die Stadt ein Gesetz, das Eigentümer von Gebäuden mit mehr als sechs Stockwerken verpflichtet, zur Straße gerichteten Fassaden ihrer Grundstücke alle fünf Jahre inspizieren zu lassen. Seit einem weiteren Vorfall 1998 werden auch die Überprüfung von Seiten- und Rückfassaden verlangt und nachdem 2013 eine 35-jährige Frau beim Einsturz eines Balkongeländers durch einen Fall starb, müssen auch diese kontrolliert werden.
Bürger in Manhattan fordern via Twitter einen Hausbesitzer zum Abriss eines Sheds auf, das nach ihren Angaben 22 Jahre steht:
George Adams blew through another deadline. Finish the work, George! Take It Down! pic.twitter.com/jk60boeWYi
— Take it Down! (@TimesUpGeorge) May 31, 2022
Die Kosten für die Renovierung einer Fassade in New York können leicht Hunderttausende von Dollar betragen. Viele Besitzer stellen einfach ein Shed zu einem Bruchteil der Kosten auf, obwohl keine Arbeiten durchgeführt werden, viele stehen jahrelang.
Einmal errichtet, gibt es kein Gesetz, das besagt, wann die Verschläge wieder abgebaut werden müssen, obwohl Geldstrafen von 1.000 USD pro Monat für ein Shed vor einem Gebäude, an dem nicht aktiv gearbeitet wird, verhängt werden können.
Ob es oft zu Bußgeldern kommt, ist fraglich, denn die 500 Inspektoren des DOB Building müssen Tausende Baustellen überwachen und ordnen manchmal sogar die Errichtung eines Sheds an, wenn die Behörde nicht in der Lage ist, ein Gebäude in absehbarer Zeit zu inspizieren.
Dem DOB ist es im Zweifelsfall lieber ein Shed lange stehen zu lassen, statt zu riskieren, dass nach einem Unfall mit Fingern auf die Behörde gezeigt wird. An die Stadt gemeldete Vorfälle, bei denen herunterfallende Ziegel oder anderer Schutt Menschen verletzte oder gefährdete, werden tatsächlich immer seltener, wobei die Verschläge sicher eine Rolle spielen.
Es gibt auch schöner anzusehende Sheds, wie die vom Hersteller Urban Umbrella, sie sind aber erheblich teurer und werden nur ab und an in sehr edlen Ecken oder Shoppingstraßen genutzt.