Yellow Cabs – Gibt die Pandemie einer Branche, die schon vorher zu kämpfen hatte, den Rest?

Wenig symbolisiert New York mehr als die Yellow Cabs.

Die gewaltige Branche galt bis vor einigen Jahren als ein grundsolides Geschäft. Jeder, der zu harter Arbeit bereit war, konnte hier ein Auskommen finden. Vielen Einwanderern diente Taxifahren als Einstieg in den ‘American Dream‘.

Die Lizenz, ein Taxi betreiben zu dürfen, heißt in New York ‘Medaillon‘, abgeleitet von der Plakette mit der Registrationsnummer, die auf der Kühlerhaube angebracht werden muss. Als die Stadt 1937 dieses System begann, wurden 11,787 Medaillons ausgegeben. Heute gibt es 13, 605 – nicht viel mehr.

Ein Taxi Medaillon

Der große Vorteil, den die Yellow Cabs gegenüber Konkurrenten genießen, ist das Recht von Passagieren auf der Straße herbei gewunken werden zu dürfen. Im rasanten, mit eiligen Menschen vollgepackten New York war die Möglichkeit, Passagiere einfach ins Taxi hüpfen lassen zu können, jahrzehntelang Gold wert. An einer Ecke steigen Passagiere aus und ein paar Blocks weiter vielleicht schon die nächsten ein. Alle anderen Fahrdienste müssen zu einer bestimmten Stelle gerufen werden, wo man auf sie wartet und konnten nicht so ‘Schlag auf Schlag‘ arbeiten wie die Yellow Cabs.

Die Geschäfte liefen lange gut und die Preise für die Lizenzen stiegen immer weiter. 1937 konnte man ein Medaillon für $10 (entspricht 2021 nach Inflation ca. $200) kaufen. Ende der 1970er Jahre kosteten sie in der Größenordnung von $50.000 (entspricht 2021 nach Inflation ca. $200.000). Zwischen 2001 und 2014 verfünffachten sich die Preise und es wurden Rekordwerte von weit über $1 Mio. erreicht.

Die Zeit bis circa 2014, bevor Uber, Lyft und anderen Ridesharing Unternehmen im großen Stil auf den Markt kamen:

Die meisten Medaillons sind im Besitz von Firmen, sogenannten Fleets (Flotten). Es gibt Fleets, denen einige hundert Lizenzen gehören. Im Normalfall vermietet die Fleet dann ihre Taxis an Fahrer.

Bei Fahrern handelt es sich fast ausnahmslos um männliche Einwanderer. Viele stammen aus Bangladesch, Indien, Pakistan, der Dominikanischen Republik, Haiti und den Gebieten der ehemaligen UdSSR. Gebürtige Amerikaner sind eine sehr kleine Gruppe, Frauen eine absolute Seltenheit.

2014 lag der typische Mietbetrag, den ein Fahrer der Flotte zahlte, zwischen $100 und $120 pro Tag. Der Fahrer hatte auch noch die Benzinkosten zu decken – um die $50. Er war also beim Arbeitsantritt mit etwa $150 im Minus. Die normale Schicht ging über zwölf Stunden. Wenn der Fahrer in einer Schicht beispielsweise $320 einfuhr, blieben ihm davon etwa $150 bis $170.

So viele Taxis, wie noch vor 5 oder 6 Jahren sind bei Weitem nicht mehr unterwegs

Da die Preise für Medaillons unaufhörlich zu steigen schienen, kauften sich immer mehr Fahrer ihre eigenen. Das Denken war ‘Mit meiner eigenen Lizenz spare ich mir die Miete und habe zugleich ein sicheres Investment für den Ruhestand oder einen Vermögensposten, den ich (natürlich mit ordentlichem Gewinn) verkaufen kann, denn nichts ist eine solidere Anlage als eine Taxilizenz. Banken und spezielle Kreditgeber übernahmen gerne die Finanzierung. Das nötige Eigenkapital, oft nur 20%, konnte man ja auch zusammen mit ein oder zwei anderen Fahrern aufbringen und sich das Medaillon dann teilen. Viele Fahrer kauften sich eigene Lizenzen, als die Preise, wie man rückblickend weiß, auf Rekordniveau waren.

Ab ca. 2014, als Uber, Lyft und andere Ridesharefirmen in großem Stil auf den Markt kamen:

Um 2014 herum begann ein radikaler Umbruch in der Taxibranche, wie ihn sich wohl niemand, auch nur ein paar Jahre vorher nur annähernd vorstellen hätte können. In dem Gewerbe, in dem sich jahrzehntelang nicht viel änderte, wurden die Karten vollkommen neu gemischt, als Ridesharing-Unternehmen wie Uber und Lyft im Markt erschienen.

Anfangs zog die Taxilobby vor Gericht, um die Dienste zu verbieten, was bis auf ein paar Zugeständnisse aber nichts brachte. Verhindern konnte man die Anbieter nicht, im Gegenteil. Innerhalb von ein paar Jahren gab es mehr Rideshare Wagen auf den Straßen als Yellow Cabs. Den Zuständigen bei der Stadt wird heute von Politik und Taxiverbänden vorgeworfen, es versäumt zu haben, den gewaltigen Anstieg einzudämmen.

Der Verdienst der Taxifahrer sank stark. Nicht nur finanziell litten die Fahrer, auch der Berufsstolz schwand. Vor Uber musste man die Stadt kennen, um sich schnell und effizient in ihr zu bewegen und konnte hier und da auch mit Tipps und Stadtwissen glänzen. Heute kann diese Arbeit jeder mit eigenem Auto und Anschluss an das Uber-System sofort robotermäßig ausführen.

Der Markt für die Lizenzen brach zusammen, nachdem sich die RIdesharer etabliert hatten. Was ein Medaillon 2021 wert sind, ist schwer zu bestimmen, weil es kaum Transaktionen gibt, aber sicher nicht mehr als 10% der Rekordpreise von 2014. Seit Ausbruch der Pandemie eher noch weniger.

Die Fahrer, die Medaillons mit Kredit kauften, als die Preise hoch waren, stehen vor gewaltigen finanziellen Problemen. Die Kreditgeber geben sich aber oft relativ mild, da sie wissen, dass keine großen Summen zu holen sind, und sie nur Chancen haben, an einen Teil ihres Gelds zu kommen, wenn sie sich mit den Fahrern arrangieren.

Gibt die Pandemie der Branche den Rest?

Die Technologie der Ridesharer, mit der man schnell und punktgenau einen Wagen bestellen kann, neutralisiert den alten Vorteil der Yellow Cabs, das Recht auf der Straße herbei gewunken werden zu dürfen, zum Großteil. Auch sind es heutzutage viele Menschen, besonders junge, gewohnt, alles mit dem Handy zu machen und die Option, ein Yellow Cab traditionell herbeizurufen, ist bei vielen nicht mehr so recht auf dem Radar. Die Yellow Cab Industrie hat in den letzten Jahren technologisch aufgerüstet, vornehmlich mit Curb, einer erfolgreichen App, mit der Passagiere Yellow Cabs, die in der Nähe sind, heranholen können.

Jetzt in den Zeiten einer Pandemie, wo man um noch viel mehr Passagiere kämpfen muss, wird der Wettbewerb noch härter und die Zukunft der Yellow Cabs ist ungewiss.

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