Gewaltiger Anstieg von New Yorkern, die in U-Bahn oder Bus nicht bezahlen, verursacht Schaden von Hunderten Mio. USD für Betreiber

Mann hievt sich übers Drehkreuz – Foto Ed Simms

Um das Zahlen für eine U-Bahn Fahrt in New York zu vermeiden, muss man entweder über das Drehkreuz steigen oder darunter hindurch kriechen. Alternativ kann man über einen der Notausgänge in eine Station kommen, nachdem jemand ihn von innen geöffnet hat.

Ich benutze die U-Bahn seit 1990 und kann sagen, dass beide Verhalten bis zum Ausbruch der Pandemie 2020 sehr selten zu beobachten waren. Man konnte eine Woche fahren, ohne ein einziges Mal jemand zu sehen, der versuchte kostenlos ins System zu kommen. Während der Pandemie hat sich die Zahlungsmoral bei den Passagieren gelockert und mittlerweile ist es gang und gäbe, dass Leute den Fahrpreis nicht einrichten.

Man muss nur fünf Minuten an einer Station in einem Wohnviertel außerhalb der zentralen Teile Manhattans stehen und wird Leute sehen, die Drehkreuze auf verschiedene Arten überwinden oder was noch viel beliebter ist, warten, bis jemand die Station über einen Notausgang verlässt und so (oft bewusst) die Gelegenheit für andere schafft, den zahlungspflichtigen Teil der Station kostenlos zu betreten. Die Leute gehen oft sogar in kleinen Gruppen durch den Notausgang. Es ist dabei normal, dem Nachfolgenden die Tür aufzuhalten, damit auch er die Gelegenheit in die Station zu kommen, bevor der Notausgang wieder zufällt.

New Yorker betreten U-Bahn durch Notausgang – Foto Patrick Enders

Bei den New Yorker Bussen steigt man normalerweise vorne ein, wo man auch bezahlt. Die Hintertüren sind nur fürs Aussteigen gedacht. Mittlerweile betreten jedoch eine große Zahl der Passagiere den Bus durch die Hintertür oder gehen einfach vorne am Fahrer vorbei, ohne zu bezahlen.

Laut der Metropolitan Transit Authority (MTA), die den öffentlichen Nahverkehr betreibt, zahlen 14% der Passagiere nicht für ihre U Bahn Fahrt und bei den Bussen sind es 48%. Die MTA rechnet bis 2027 mit einem finanziellen Schaden von mehr als 800 Mio. USD, sollte sich die Situation nicht radikal ändern.

Wie es dazu kam, dass ein Großteil der Leute nicht mehr für U-Bahn und Bus bezahlen, ist schwer zu sagen. Ein Faktor war wohl die Pandemie, eine Zeit, in der die Sitten vielerorts lockerer wurden. Mehr Leute zu sehen, die sich kostenlos befördern lassen, hat dann wohl auch die Moral gedrückt: ‚Warum soll ich bezahlen, wenn es die anderen nicht machen?‘ könnte der Gedanke sein.

Man geht auch praktisch kein Risiko ein. Ist mal einmal im U-Bahnsystem, hat man es geschafft, denn es gibt keine Kontrollen mehr. Bei den Bussen ist es im Prinzip das Gleiche, nur bei speziellen Linien gibt es sporadische, sehr seltene Kontrollen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Strafe kommt, ist jetzt, wo Millionen von Fahrten nicht bezahlt werden, astronomisch gering.

Wachleute vor Notausgang – Foto Sara Elsworth

Die MTA investierte gerade 35 Mio. USD, um bis zu 1.000 private Sicherheitskräfte in die U-Bahn zu schicken, deren einziger Zweck es ist, an Notausgängen zu stehen. Sie sollen Leute verbal dazu auffordern zu bezahlen, haben aber keine echten Befugnisse und sind angewiesen, jeden körperlichen Kontakt zu vermeiden. Bei den Hunderten von Bussen gibt es vereinzelte Polizeiaktionen gegen Nichtbezahler.