Das Empire State Building ist das vielleicht bekannteste Gebäude der Welt. Hier haben wir Euch Hintergründe zu dieser New Yorker Ikone zusammengestellt, von Baugeschichte bis zum Platz des geliebten Wolkenkratzers in der Popkultur.
In den späten 1920er-Jahren boomte New Yorks Wirtschaft wie nie zuvor. Der fast grenzenlose Optimismus und der Ehrgeiz, das noch nie da gewesene Wirklichkeit werden zu lassen, war Teil des Zeitgeists. Wenig verkörpert das mehr als das Rennen der Bauherren von 40 Wall Street, des Chrysler Building und des Empire State Building, den höchsten Wolkenkratzer der Welt zu errichten. Der Kampf voller Intrigen und persönlicher Fehden war so intensiv, dass später Bücher darüber geschrieben wurden. Am Ende ging das Empire State Building siegreich aus der Schlacht hervor.
Trotz der kolossalen Größe des Projekts dauerten die Planung und der Bau des Empire State Building nur 20 Monate. Die Bauunternehmer Starrett Brothers und Eken erarbeiteten ein Fließbandsystem, in dem bis zu 3.400 Mann pro Tag eingesetzt werden konnten. Das Rohbau wurde in einem Rekordtempo von durchnittlich viereinhalb Stockwerken pro Woche hochgezogen – so schnell, dass die ersten 30 Stockwerke fertiggestellt wurden, bevor einige Details des Erdgeschosses geklärt waren. Das Empire State Building wurde vorzeitig und unter Budget fertiggestellt. Die Bauzeit für das 381 Meter hohe Gebäude waren 410 Tage. Bis zu 14 Arbeiter kamen ums Leben. Der Ursprung des Namens, ist ein inoffizieller Name/Spitzname für den Staat New New York, Empire State.
Der ungewöhnlichste Aspekt des Designs des Empire State Buildings war der 61-Meter-Mast. Er sollte, wie in der Fotomontage unten, zum Andocken von Zeppelinen dienen. Die Passagiere würden, so der Plan, nachdem das Luftschiff gesichert war, über eine Gangway ins Gebäude gelangen, Zoll und Passkontrolle passieren und nur sieben Minuten später durch die Straßen Manhattan spazieren. Es stellte sich heraus, dass die nötigen Manöver mit oft starken Winden eher dem Einholen eines Wals glichen als der glatten Landung eines Flugschiffs. Es gab noch andere Probleme mit dem Vorhaben, das später als hirnrissig verlacht wurde. Zur einzigen “Landung” kam es im September 1931, als sich ein kleiner Zeppelin für ein paar Minuten an den Mast angebunden hat. (Mit Mast ist das Bauwerk 443 m statt 381 m hoch, er ist jedoch nicht Teil der offiziellen Gebäudehöhe.)
Das Empire State Building wurde in erster Linie für Büros gebaut, aber wegen des Börsencrashs von 1929 und der nachfolgenden Großen Depression waren im Eröffnungsjahr 1931 weniger als 25 Prozent der Fläche belegt, was dem Gebäude den Spitznamen “Empty State Building” einbrachte. Die obere Hälfte des Wolkenkratzers blieb für den größten Teil der 1930er-Jahre fast vollständig leer. Manchmal wurde den Arbeitern gesagt, sie sollten die Lichter in den höheren Stockwerken einschalten, damit sie vermietet aussehen. Ab dem Wirtschaftsboom, der nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA einsetzte, verbesserte sich die Situation. Das Empire State Building war aber immer von moderneren Bürotürmen überschattet und das vielleicht berühmteste Gebäude der Welt schaffte es bis heute nicht, ein Top-Büroturm oder Renommieradresse für Unternehmen zu werden und hat immer wieder mit Leerstand zu kämpfen.
Ohne dem gewaltigen Erfolg der Aussichtsplattform wäre das Empire State Building vielleicht nicht einmal wirtschaftlich. Seit 1931 kamen circa 120 Mio. Menschen, um den Blick über die Stadt zu genießen. In New York gibt es mittlerweile aber fünf Aussichtsplattformen. Bei so viel Konkurrenz mussten sich auch die Besitzer des altehrwürdigen Empire State Building etwas einfallen lassen, um ihren Wolkenkratzer attraktiver für Gäste zu gestalten, denen 41.37 USD (inkl. Steuer) für einen Besuch berechnet werden. Empire State Realty Trust, das Unternehmen, dem der Wolkenkratzer gehört, stellte in den letzten Jahre 165 Mio. USD bereit, um das Besuchererlebnis in dem 88 Jahre alten Gebäude auf den neusten Stand zu bringen.
Auch die New Yorker selbst haben das Empire State Building ins Herz geschlossen. Die Beleuchtung des alten Wolkenkratzers hat oft wichtige symbolische Bedeutung in der Stadt. Am Nationalfeiertag, dem 4. Juli, erstrahlen sie in rot, weiß und blau, am Steuben Day Parade, dem Tag der Deutschen in Amerika schwarz, rot und gold und am Gay Pride Day leuchten sie in den Farben des Regenbogens. Während der COVID-Krise leuchteten die Lichter beispielsweise rot im Rhythmus von Herzschlägen, um Rettungskräfte zu ehren. Fast jeden Monat gibt es mehrere solche Anlässe, hier ein Kalender.
Das Empire State Building ist in Hunderten Filmen und TV-Shows zu sehen, überwiegend im Hintergrund. Die vielleicht berühmteste Szene ist in dem Film King Kong, der nur zwei Jahre nach dem Bau des Wolkenkratzers veröffentlicht wurde: Der Riesenaffe klettert auf die Spitze des Empire State Buildings, um seinen Entführern zu entkommen und wird von Flugzeugen aus beschossen. Diese Aufnahmen stammen zwar aus einem Studio in Hollywood, in dem mit Modellen gearbeitet wurde, aber Filme wie Schlaflos in Seattle, Kevin – Allein in New York und Buddy – der Weihnachtself wurden ‘on Location‘ gedreht.
Im echten Leben war das Empire State Building mehrmals Schauplatz tragischer Ereignisse.
Am Morgen des 28. Juli 1945 verlor Oberstleutnant William F. Smith im dichten Nebel über Manhattan die Orientierung, als er einen B-25-Bomber in Richtung des La Guardia Airport steuerte. Er schaffte es mehreren Wolkenkratzern auszuweichen, aber schlug in der Höhe der 78. und 79. Etage auf das Empire State Building auf. Der Absturz löste eine gewaltige Explosion aus und Trümmer flogen durch das Innere des Gebäudes. Smith, zwei Besatzungsmitglieder und 11 Menschen im Empire State Building kamen ums Leben. Das entstandene Feuer war der höchstgelegene Gebäudebrand in der Geschichte New Yorks – aber konnte innerhalb von 40 Minuten gelöscht werden. Der Betrieb in den unbeschädigten Gebäudeteilen wurde zwei Tage später wieder aufgenommen.
Am 30. April 1947 um 10:30 Uhr besuchte die 23-jährige New Yorker Buchhalterin Evelyn McHale die Aussichtsplattform des Empire State Building. Dort faltete sie ihren Mantel sorgsam und legte ihn zusammen mit ihrem Make-Up Set und ihrer Handtasche neben eine Wand.
Um 10:40 Uhr hörten Fußgänger in der 34th Street einen explosionsartigen Knall und sahen Evelyns Körper auf einer geparkten Limousine mit zertrümmertem Dach. Minuten nach ihrem Tod schoss Fotografiestudent Robert Wiles, der zufällig in der Nähe war, ein Bild, das ikonisch werden sollte.
Was das Foto so außergewöhnlich macht, ist die Stimmung. Statt einer entstellten, blutverschmierten Leiche, die man nach einem 200 Meter Sturz erwarten würde, sieht man eine junge Frau, von der man fast den Eindruck haben könnte, dass sie friedlich schläft. Beine elegant gekreuzt, Perlenkette intakt.
Viele Künstler nahmen auf das Bild in ihrer Arbeit Bezug, darunter David Bowie, Radiohead und Pearl Jam. Am bekanntesten ist Andy Warhols Bild Suicide (A Fall) aus dem Jahr 1963.
Das Empire State Building war im Laufe der Geschichte im Besitz verschiedener Eigentümer. Im Moment ist es Teil des Empire Realty Trust, ein Fonds mit 30 Immobilien, in dem die staatliche Qatar Investment Authority aus dem Ölemirat Katar mit knapp 16% einer der größte Anteilseigner ist.
Heute ist das Empire State Building nur noch das siebthöchste Gebäude der Stadt, aber es gibt keinen Wolkenkratzer in New York oder vielleicht der Welt, den die Menschen mehr ins Herz geschlossen haben. Vielleicht bekam es deshalb seine eigene Postleitzahl – 10118.