Mit Müll ohne Ende und unendlich vielen Orten, um sich verborgen zu halten, ist New York ein Paradies für Ratten.
Wie viele der Nager es hier gibt, weiß natürlich niemand genau, aber Jonathan Auerbach, Doktorand am statistischen Institut der New Yorker Columbia University, hat vor sechs Jahren versucht, eine Größenordnung zu bestimmen.
Aus Befragungen von Immobilieneigentümern errechnete er, dass circa 40.000 Gebäude, vor allem Apartmenthäuser, befallen sind. Von Experten in der Schädlingsbekämpfungsbranche erfuhr Auerbach, dass ein Befall von 50 Tieren einen brauchbaren Durchschnittswert darstellen. Kleinere Gebäude haben oft weniger, größere meist mehr. Auerbach kam so auf eine Zahl von zwei Millionen Tiere, die in und um Gebäude herum leben. Dazu kommen Ratten an Orten wie U-Bahn-Schächten oder der Kanalisation und letztendlich könnte die Bevölkerung um die 3 Millionen liegen.
Die allermeisten Tiere in New York gehören zur robusten ‘Rattus norvegicus‘ Art (Norwegische Ratte), die praktisch Allesfresser sind. Woher der Name kommt, ist unbekannt, denn die Rattus norvegicus stammt nicht aus Norwegen, sondern wahrscheinlich aus Asien.
Die Stadt führt einen nie endenden Krieg gegen die Nager. Bürgermeister Rudy Giuliani, der als der große Aufräumer in die Stadtgeschichte einging, wollte auch das Rattenproblem knallhart lösen. Er rief in den 1990er-Jahren seine “Rattenvernichtungs Task Force“ ins Leben, die Unmengen an Gift einsetzte. Die Tiere ließen sich davon aber nur sehr bedingt beeindrucken.
Der jetzige Stadtoberhaupt Bill de Blasio startete vor drei Jahren mit den Worten “Ich will mehr Rattenleichen sehen” die „Neighborhood Rat Reduction Initiative”, für die 32 Millionen Dollar bereitgestellt wurden. Unter anderem will man den Nagern das Leben mit schwer zugänglichen Müllverdichtungscontainern und nageresistenten Stahltonnen erschweren. Auch strengere Abfallgesetze und die Bereitstellung spezieller Müllsäcke, durch die sich die Ratten nach Aussage des Herstellers nur schwer durchbeißen können, sind Teil der Initiative. Man versucht ab und an auch, sie mit Trockeneis zu ersticken.
Im U-Bahn-System wird damit experimentiert, sterilisierende Mittel, statt nur tödliche Gifte einzusetzen. Ratten haben ausgezeichnete Überlebensinstinkte und wenn Artgenossen nach Einverleibung einer Substanz sterben spricht sich das herum und sie wird gemieden, sagen Experten. Nicht-tödliche Mittel könnten hier helfen, so der Gedanke.
Jason Munshi-South, Biologieprofessor an der Fordham University, der schon “Rattensafaris” in Hotspots wie Chinatown und Midtown durchgeführt hat, meint, dass New York mehr unternimmt als viele andere Städte, aber niemals in der Lage sein wird, den Rattenbestand im wirklich großen Ausmaß zu reduzieren oder sie gar auszurotten.
“Die Maßnahmen der Stadt führen zum Tod vieler Ratten, aber andere Umstände begünstigen ihre Ausbreitung. Dazu gehört der Bauboom in den letzten 25 Jahren. Die ganzen Erdaushebungen drängten viele der Tiere ins Freie. Die milderen Winter wegen des Klimawandels helfen ihnen auch.”
Was New York aber vor allem zu einem ausgezeichneten Lebensraum für Ratten macht, ist die Müllsituation, glaubt der Professor. “In unserem System wird Gewerbemüll oft in vollen Säcken abends auf dem Bordstein gestellt, bevor er spät in der Nacht oder am Morgen abgeholt wird. Ein All Night Buffet für die Ratten. Auch in vielen der Hausmülltonnen kommen sie oft leicht und manchmal liegt auch noch Abfall vor den Containern. Dazu kommen die tausenden offenen Müllbehälter, die für Passanten an den Straßenecken aufgestellt sind und der Abfall, der einfach so herumliegt. Wir müssten die Entsorgung komplett umstellen und dann lassen sich die Ratten wahrscheinlich etwas anderes einfallen. Sie sind sehr, sehr findig”.
Auch um Ratten das Leben schwerer zu machen – New York ersetzt die 22.000 Straßenmülltonnen