Die Bevölkerung Harlems, dem bekannten New Yorker Stadtteil im nördlichen Manhattan, bestand jahrzehntelang vorwiegend aus oft ärmeren Afro-Amerikanern, denn kaum jemand sonst hatte Interesse, in dem Viertel zu leben, das Außenseiter vor allem mit Armut, Drogen und Verbrechen verbanden.
Wie im Rest der Stadt sank in den letzten Jahrzehnten auch in Harlem die Kriminalität, die Wirtschaft verbesserte sich und die Gegend verlor immer mehr den Ruf einer ‘No Go Zone‘.
Die geografische Lage des Stadtteils war immer schon sehr gut. Die Entfernung von der 125th Street, der Hauptstraße von Harlem zum Times Square, dem Zentrum Manhattans, ist weniger als 7 km. Die begehrten Wohnviertel Upper East Side und Upper West Side grenzen an Harlem.
Obwohl auch hier wie im Rest der Stadt die Preise seit den 1990er-Jahren kräftig und kontinuierlich anziehen und immer neue Rekorde vermeldet werden, ist der Wohnraum spürbar günstiger als in den südlich von Harlem gelegenen Gegenden in Manhattan, die zu den teuersten der Welt gehören. Dies lockt neue Leute, meis keine Afro-Amerikaner in den Stadtteil, der manchmal auch ‘Capital of Black America’ genannt wird.
In New York gibt es guten Mieterschutz, und es ist meist sehr schwer alte Bewohner aus ihrer Wohnung zu werfen oder die Miete stark zu erhöhen. Nachdem ein schwarzer Harlemite, wie man die Bewohner des Stadtteils nennt, auszieht oder stirbt, haben die Besitzer aber oft freie Hand. Früher wäre die leere Wohnung fast immer an jemand mit ähnlichem Hintergrund vermietet worden, denn andere Interessenten gab es kaum. Heute ist das anders.
Harlem war lange einer der wenigen Teile Manhattans, mit relativ viel freier Baufläche, da viele verwahrloste, teilweise niedergebrannte, unbewohnte Objekte aus den drogen- und kriminalitätsgeplagten 1960er, 1970er und 1980er-Jahren für die Errichtung neier Immobilien genutzt werden konnte. (sieht man hervorragend im Video unten) Viele der alten „Brownstones“, die für New York typischen Stadthäuser aus Sandstein, wurden hingegen renoviert und haben heute großen Wert. Die Bewohner der Neubauten und Käufer der renovierten Stadthäuser sind aber höchst selten alteingesessene Harlemites.
Die Gefühle der angestammten schwarzen Einwohner hinsichtlich dieser Veränderungen sind gemischt. Der pensionierte Beamte Arthur Brown, 62, der ein Stadthaus in Harlem besitzt, begrüßt die demografische Entwicklung: „Ich denke, es ist großartig, jetzt so viele unterschiedliche Menschen hier zu haben. Außerdem ist es für die Immobilienwerte hier wichtig. Mein Haus ist heute viel wert, noch in den 1980er-Jahren hätte es niemand geschenkt gewollt, weil sich alles im Niedergang befand und die Menschen Angst hatten, überhaupt nach Harlem zu kommen.”
Rosa Washington, 38, die in Harlem aufwuchs und eine Lehrerin in einer der öffentlichen Schulen hier ist, hat eine andere Meinung. „Harlem war immer ein Viertel für Afro-Amerikaner, das ‘Capital of Black America’ jetzt können es sich viele von uns nicht mehr leisten. Die Alten sterben weg, andere Schwarze verlassen Harlem und viel unserer Identität geht verloren. Es ärgert mich auch, dass viel Geld mit dem Harlem Image und dem weltweiten Interesse an unserem Stadtteil verdient wird, aber wir nichts davon haben. Angeblich soll das gut für die Wirtschaft hier sein, aber ich weiß nicht, was die ganzen neuen Läden und Restaurants mir bringen sollen. Manchmal denke ich, dass unsere eigenen Politiker uns verraten und verkauft haben, um sich die Taschen zu füllen.”
Hier aktuelle Preise (August 2021) bei Neuvermietungen in Harlem aus einem Report der Immobilienfirma MNS.
Video: Autofahrt durch Harlem 1989
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