Germantown – Die Geschichte des deutschen Einwandererviertels in Manhattan

Foto – Lost City

Um 1885 herum war der Anteil deutschstämmiger New Yorker der höchste in der Geschichte der Stadt. Man schätzt, dass mehr als ein Viertel der Bewohner deutsch sprachen, nur in Berlin und Wien waren es mehr.

Der Großteil der Deutschen wohnte zu der Zeit noch in Kleindeutschland im südlichen Manhattan, dem heutigen East Village. Die Bevölkerung dort verringerte sich zu dieser Zeit aber schon, da viele Deutsch-Amerikaner, besonders die der zweiten Generation, um 1870 herum anfingen, das Viertel hinter sich zu lassen. Einige zogen nach Brooklyn, insbesondere Williamsburg. Die meisten kamen nach Yorkville, einem Teil der heutigen Upper East Side in Manhattan, zwischen der 79th und 96th Street und dem East River und der 3rd Avenue (Karte). Nach der General Slocum Katastrophe 1904 verließen fast alle noch dort lebenden Deutschen Little Germany, viele in Richtung Yorkville. Zur gleichen Zeit erlebte das Viertel einen gewaltigen Zuzug von Einwanderern aus dem ehemaligen preußischen Reich. Yorkville wurde in dieser Zeit auch als Germantown bekannt.

Die 86th Street in den 1950er Jahren – Foto Lost City

Die 86th Street, auch heute noch die Hauptverkehrsader der Upper East Side, war das Herz von Yorkville. Im Volksmund war die Straße als Sauerkraut Boulevard und deutscher Broadway bekannt. Dort waren viele der Vereine zu Hause und Maxi’s Brauhaus, der Lorelei-Tanzsaal, die Kleine Konditorei, das Café Geiger und das Café Wienecke säumten das Deutsche Boulevard, wie es auch genannt wurde. Der Mittelpunkt der Straße war das Yorkville Casino. In dem großen Gebäude waren Ballsäle, das Deutsche Theater, das einziges Kino mit deutschsprachigen Filmen und Tuxedo, einer der beliebtesten Nachtclubs New Yorks. Glücksspiel, das in New York verboten war, fand trotz des Namens nicht statt.

Yorkville Casino in den 1940er Jahren – Maxls Brauhaus 1931

Der 1876 in Yorkville eröffnete East River Park wurde 1910 in Carl Schurz Park umbenannt. Der 1829 in Erftstadt geborene Rheinländer nahm 1849 an der deutschen Revolution teil und floh danach in die USA. In Amerika wurde er General im Bürgerkrieg und der erste in Deutschland geborene US-Senator. Seine Frau Margarete machte sich bei der Einführung des Kindergartensystems in Amerika verdient.

Die meisten Opfer der General Slocum Katastrophe waren Mitglieder der German Evangelical Lutheran Church of St. Mark in Kleindeutschland. 1946 fusionierte die Pfarrei mit der Zion Church in Yorkville zur Zion St. Mark’s Evangelical Lutheran Church. Es gibt dort auch heute noch eine Sonntagsmesse auf Deutsch.

Zion St. Mark’s Evangelical Lutheran Church – Foto Cary Aspen

In den 1930er-Jahren war Yorkville der Stützpunkt des Deutsch-Amerikanischen Bundes, einer pro-Hitler Organisation. Ein Jahrzehnt später suchten Menschen, die dem faschistischen Deutschland entkamen, Zuflucht in Germantown.

Mitglieder des Bund marscheiere 1939 über die 86th Street – Foto New York Public Library

In den kommenden Jahrzehnten zogen die Deutschstämmigen, wie viel andere New Yorker weg aus Manhattan, vor allem in die Vororte, wo es sich angenehmer leben ließ. 1955 wurde die Second Avenue El, eine Hochbahn, die Germantown und Kleindeutschland seit 1880 direkt verband, abgerissen. Es war auf manche Weise ein Schlusspunkt für Germantown.

Der El Train (kurz für Elevated) – Haltestelle 92nd Street in Yorkvilee – 1915

Heute gibt es nur noch ein paar Überreste des einstmals blühenden deutschen Viertel, den Feinkostladen Schaller und Weber, das Restaurant Heidelberg und die alljährlich stattfindende Deutsch-Amerikanische Steuben Parade. 

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