Das Land in New York zählt zum teuersten der Welt und es wird versucht, jeden Quadratzentimeter irgendwie zu nutzen. Trotzdem gibt es sie noch: verlassene Orte mit gespenstischen Industrieruinen, verfallene Krankenhäuser oder geheimnisvolle Tunnel.
Hier stellen wir Ihnen sieben verlassene Orte mit viel Geschichte vor.
Renwick Smallpox Hospital
Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die großen Städte in Amerika und Europa spezielle Krankenhäuser zu bauen, um Pockenkranke zu isolieren. In New York eröffnete 1856 das Renwick Smallpox Hospital auf Blackwell Island (heute Roosevelt Island), einer Insel zwischen Manhattan und Queens. Es ist nach Architekt James Renwick benannt.
Von 1856 bis 1875 wurden dort etwa 7.000 Pockenkranke pro Jahr behandelt, von denen ungefähr 450 starben.
1875 zog das Krankenhaus weg und das Gebäude diente bis in die 1950er Jahre als Schwesternwohnheim. Danach wurde es dem Verfall preisgegeben, aber dann 1972 unter Denkmalschutz gestellt. 8 Jahre später brannte es bei einem Feuer, das wahrscheinlich von Drogenabhängigen ausgelöst wurde, bis zu den Außenmauern aus und wurde zu einer Ruine.
Vor ungefähr zehn Jahren wurde damit begonnen, in die Erhaltung der Ruinen zu investieren. Unter anderem wurden die Mauern gestützt, was bis dahin dringend notwendig war. Zur Freude der New Yorker installierte man auch eine Lichtanlage. Wenn man nachts auf der ‘FDR Drive’ Stadtautobahn in Manhattan fährt, erscheint das beleuchtete, frühere Hospital als eine der gespenstisch-schönsten Großstadtruinen der Welt.
Red Hook Grain Terminal
Das 1922 fertig gestellte ‘Red Hook Grain Terminal’ im gleichnamigen Hafenviertel in Brooklyn war als gewaltiger Umschlagsplatz für Getreide konzipiert. Sein Erfolg basierte auf dem Erfolg eines neuen Systems von Kanälen, die aus dem Landesinneren nach New York führten, was sich aber nie richtig einstellte. In den 43 Jahren seiner Existenz schaffte man es deshalb nie, die Anlage vernünftig auszulasten. 1965 wurde der Betrieb eingestellt und der Terminal rottet seitdem vor sich hin. Das Gebäude besteht aus einer Reihe von baufälligen 40 m hohen Silos, massiven Getreideaufzügen und anderer Infrastruktur, die es zu einer eindrucksvollen Industrieruine machen. Das mit Schwarzschimmel bedeckte Relikt aus der industriellen Vergangenheit New Yorks hat etwas schaurig-schönes.
New York State Pavillion at the World’s Fair (Weltausstellung)
Die 1964 Weltausstellung zog mehr als 50 Millionen Besucher in den heutigen Flushing Meadows-Corona Park in Queens an, um – so das Motto der Veranstaltung – “Kultur, Technologie und die Leistung des Menschen auf einem schrumpfenden Globus und in einem expandierenden Universum zu feiern.”
Länder, Regionen und US-Bundesstaaten stellten sich der Welt auf eigenen Ausstellungsflächen, genannt Pavillons, vor. Der Staat New York als Gastgeber leistete sich einen besonders eindrucksvollen: Ein monumentales Beton- und Stahlkonstrukt mit einem Theater, drei Aussichtstürmen und einen über 30m hohen, elliptischen Ring im Freien.
Das Zentrum des Pavillons war das “Zelt von morgen”. Es beeindruckte die Besucher mit dem größten Hängedach der Welt und einer aus 567 Terrazzo-Platten bestehenden Landkarte des Staates New York.
Während alle anderen Pavillons abgerissen oder verlegt wurden, diente der NY State Pavillon noch jahrelang als Rollschuhbahn und Konzertsaal. 1976 wurde das ikonische Dach des Zeltes jedoch für instabil erklärt und entfernt.
Heute steht der Pavillon mehr oder weniger in Ruinen. Sie haben ihn vielleicht gesehen, denn der Weg vom JFK Flughafen nach Manhattan führt daran vorbei.
Die Ruinen von North Brother Island
1885 eröffnete auf North Brother Island, eine Insel nahe der Bronx, der Nachfolger des Renwick Pockenkrankenhauses. Später wurden dann auch Patienten mit anderen Ansteckungskrankheiten, die tödlich verlaufen können, wie Tuberkulose und Typhus, hier behandelt und in Quarantäne genommen. Legendär ist ‘Typhus Mary‘ – eine Dienstkraft, die 20 Jahre hier zubringen musste. Die ‚General Slocum‘ Katastrophe, bei der ein Ausflugsdampfer voller deutscher Einwanderer Feuer fing, ereignete sich nahe von North Brother Island.
Der Krankenhausbetrieb wurde in den 1950er Jahren eingestellt. Heute ist North Brother Island verlassen und dient als Schutzgebiet für Küstenvögel. Das Betreten ist verboten. Seit mehreren Jahren wird angedacht, die Insel in einen Park zu verwandeln.
Arthur Kill Schiffsfriedhof
In der Arthur Kill Meeresenge, die den New Yorker Bezirk Staten Island von New Jersey (ein anderer US-Staat) trennt, befindet sich ein Gelände, das als ‘Arthur Kill Ship Graveyard‘, ein Friedhof für Schiffe, bekannt ist.
Gebaut wurde die Anlage in den 1930er Jahren von der Witt’s Marine Equipment Company, einer Bergungsfirma, die eine Art Schrottplatz für Schiffe brauchte, besonders für ausgediente Kriegsschiffe, von denen auch hunderte hier landeten. Darunter ein U-Boot-Zerstörer, der das erste Schiff im 2. Weltkrieg war, das von einer schwarzen Besatzung bemannt wurde, und ein Kriegsschiff, das an der D-Day-Invasion teilnahm.
Auch für viele Schlepper, Fähren, Lastkähne und Rettungsboote war Arthur Kill das Ziel der letzten Fahrt.
Auch das Feuerwehrboot ‘Abraham S. Hewitt’, das von 1903 bis 1958 im Einsatz war, liegt hier. Weltweit bekannt wurde es durch seinen Einsatz während der ‚General Slocum‘ Katastrophe, bei der ein Ausflugsdampfer voller deutscher Einwanderer Feuer fing.
Es gab Zeiten, in denen bis zu 400 Schiffe hier lagen, heute sind es nur noch ein paar Dutzend. Das Gelände ist über Land schwer zugänglich, schon weil man durch viel Privatgrund müsste. Dank den Drohnenaufnahmen von Chad Aaronson kann man nun aber eindrucksvolles Videomaterial bequem daheim am Computer sehen.
Hart Island
In New York gibt es jährlich zwischen 2.500 und 3.000 Todesfälle von Menschen, für die sich zur Zeit ihres Ablebens niemand mehr interessierte. Begraben werden solche Menschen in Amerika in Landstücken, die man ‘Potter’s Field’ nennt. Der Name kommt aus der Bibel, wo er Land bezeichnete, von dem der Lehm für Tonwaren kam.
New Yorks ‚Potter’s Field‘ ist seit 1869 die Insel ‚Hart Island‘ in der ‚Long Island Sound‘- Bucht, östlich der Bronx. Auch während der Anfangsphase der Coronakrise wurden Menschen hier beerdigt, wenn niemand die Stadt innerhalb von 14 Tagen wegen Vorkehrungen für eine Bestattung kontaktierte.
Flugplatz ‘Floyd Bennet Field’
Floyd Bennett Field in Brooklyn war der erste Flughafen, oder besser gesagt Flugplatz New Yorks. Benannt wurde er nach Pilot Floyd Bennett, der 1926 zusammen mit Entdecker Richard Byrd den ersten Flug zum Nordpol vollbracht haben soll. (Ob Bennet und Byrd jemals den Nordpol erreicht haben, ist strittig).
Von hier hob 1938 auch der legendäre Flug Douglas “Wrong Way” Corrigan ab. Er sollte nach Kalifornien fliegen, aber landete in Irland, weil er wie er behauptete, die Orientierung verloren habe. Bennet Field wurde später als Marinestützpunkt genutzt, bevor es 1972 stillgelegt wurde. Heute ist das weitläufige Gelände teils verfallen und teils als Campingplatz und Sportzentrum in Gebrauch.
Freedom Tunnel
In den 1930er Jahren wurde unter dem Riverside Park auf Manhattans Westside ein Zugtunnel gebaut. Nachdem er 1980 stillgelegt wurde, kamen Obdachlose, um hier zu leben. Es wird geschätzt, dass zuweilen bis zu 100 Menschen hier ihr Heim hatten. 1991 vertrieb Amtrak, das amerikanische Gegenstück zur Bundesbahn, die Obdachlosen und nahm den Tunnel wieder in Betrieb. Zu dieser Zeit entdeckten Grafittikünstler den Tunnel für sich, allen voran Chris “Freedom” Pape, nachdem der Bau auch inoffiziell benannt ist. Street Artists kommen immer noch in den Freedom Tunnel, obwohl es verboten ist, sich hier aufzuhalten.
Es ist möglich, den Tunnel zu besuchen, aber man könnte wegen unerlaubten Betretens belangt werden.
Loew’s Canal Street Theatre
Marcus Loew war der Gründer der Metro-Goldwyn-Mayer Filmstudios und der großen US-Kinokette ‘Loew‘s Theaters’. Beide gibt es heute noch. In den 1920er und 1930er Jahren baute ‘Loew’s Theaters‘ Kinopaläste, die in ihrer Opulenz alles bisher Dagewesene übertrafen.
Das zweitgrößte, das ‚Loew’s Canal Street Theatre‘, wurde 1927 mit 2.270 Sitzplätzen eröffnet – was nicht immer ausreichte, um all die Menschenmassen unterzubringen, die einen Film sehen wollten. Zu dieser Zeit war die Lower East Side die am dichtest besiedelte Gegend in ganz Amerika und vielleicht der Welt.
Das Theater wurde bis in die 1950er Jahre hin erfolgreich betrieben, aber dann 1960 verkauft. Die Lobby wurde zu Einzelhandelsflächen und das große Auditorium in ein Lagerhaus umgewandelt. Dafür wurden alle Sitze entfernt, aber der Rest wurde mehr oder weniger intakt gelassen. Gebäude und Auditorium sind denkmalgeschützt.
Geister-U-Bahnstation City Hall
Wenn man mit der U-Bahn-Linie 6 bis zur Endstation Brooklyn Bridge fährt und dann, anstatt auszusteigen, sitzen bleibt, während der Zug die Fahrtrichtung wechselt, sieht man sie – die „Geisterhaltestelle“ City Hall. 1904 gebaut, war sie einer der ersten und schönsten Bahnhöfe im System. Sie sollte ein „Mini“-Grand Central Terminal sein.
Weitblick hatte man aber beim Design nicht. Durch den gewundenen Verlauf des Bahnsteigs entstanden Lücken zwischen Zug und Bahnsteig, die zu Sicherheitsproblemen führten. Der Bahnsteig erwies sich außerdem als zu kurz für die später eingeführten längeren Züge. Da auch die wichtigere Station Brooklyn Bridge sehr nahe war, nutzten in den 1940er Jahren nur noch um die 600 Passagiere pro Tag die Station City Hall. Dies alles führte 1945 zu ihrer Schließung.
1995 wurde die Station renoviert, um sie zu einem U-Bahn-Museum umzufunktionieren. Drei Jahre später wurden diese Pläne wegen Sicherheitsbedenken aber wieder aufgegeben. Den Anblick der Station in ihrem renovierten Glanz konnten dann jahrelang nur besonders Befugte genießen. Vor ein paar Jahren hatte der U-Bahn-Betreiber MTA dann ein Einsehen und erlaubte, dass man beim Richtungswechsel im Zug bleiben darf, um dieses Stück New Yorker U-Bahn-Geschichte erleben zu können.
Der Ellis Island Hospital Complex
In den ersten Jahrzehnten des 20 Jahrhundert wurden bis zu 6.000 Menschen auf der Einwanderungsstation auf Ellis Island im Hafen von New York abgefertigt. Teil des Prozesses war eine schnelle ärztliche Beschauung von vielleicht einer Minute. 98 % Prozent bestanden die Begutachtung, das heißt, ihr Zustand wurde als gut genug befunden, dass nicht erwartet werden musste, dass sie zu einer “öffentlichen Last“ werden würden.
Die anderen zwei Prozent wurden entweder in Ihr Herkunftsland zurückgeschickt – auf Kosten der Reederei, die sie brachten- oder kamen in eines der Hospitale auf der Südseite der Insel. Auf seinem Höhepunkt zählte der moderne Krankenhauskomplex, der zwischen 1910 und 1924 erbaut wurde, dreißig Gebäude, in denen bis zu 10,000 Patienten lagen.
Nachdem die Gebäude über 60 Jahre geschlossen waren, können sie seit einigen Jahren auf Touren besucht werden. Ellis Island liegt gleich neben Liberty Island, auf der Freiheitsstatue steht und kann mit der gleichen Fähre besucht werden.