Seit er 1968 mit 19 Jahren das erste Mal vom Bau des Word Trade Center hörte, träumte Artist Philippe Petit davon, auf einem Drahtseil zwischen den Twin Towers zu balancieren. 6 Jahre später, nach viel Vorbereitungsarbeit, setzte er seinen Plan am 7. August 1974 in die Tat um. Auf ein Sicherheitsnetz verzichtete er ebenso wie auf eine Erlaubnis der Betreiber (die er natürlich nie bekommen hätte).
Am Vorabend verschafften sich Petit und drei Helfer Zugang zum Südturm, der noch nicht ganz fertiggestellt war. Massenhaft Ausrüstung, darunter ein über 200 Kilo schweres Drahtseil, schmuggelten sie am Wachpersonal vorbei aufs Dach des Gebäudes. Um nicht entdeckt zu werden, mussten sie stundenlang bewegungslos unter Planen ausharren. Im frühen Morgengrauen wurde es ernst. Mit einem Pfeil schoss man eine Angelschnur auf den gegenüberliegenden 60 Meter entfernten Turm. Nach und nach wurden weitere Schnüre auf das Gebäudedach gezogen. Zuletzt das schwere Stahlseil, das er 7 Uhr morgens bestieg.
Tausende von Menschen, viele davon auf dem Weg zum Büro, blieben stehen und starrten fassungslos nach oben. Fast einen halben Kilometer über ihren Köpfen balancierte ein Mensch im schwarzen Kostüm. Philippe Petit salutierte in die Tiefe, legte sich aufs Seil, um einer kreisenden Möwe näher zu kommen und spazierte insgesamt acht Mal hin und her, bis nach fast 45:48 Minuten Polizisten auf der Plattform des World Trade Centers erschienen.
Petits mutiges Abenteuer bleibt bis heute unvergessen. Auch im ‘National September 11 Museum’, das sich zum Großteil mit den Anschlägen vom 11. September 2001 beschäftigt, findet man Bilder und andere Exponate zu Petits legendärem Akt. An einem Ort, der sonst so von Leid geprägt ist, lässt Petits tollkühne Tat die Menschen auch mal schmunzeln und an eine Zeit denken, die vielleicht unschuldiger war, als die heutige. Die Verantwortlichen beim World Trade Center zeigten am Ende auch Humor und gewährten Philippe freien Eintritt auf Lebenszeit.