Noch nie in seiner Geschichte hat New York ein Trauma wie die COVID-19 Pandemie durchlebt. Das Virus ist von früh bis spät in den Köpfen der Menschen. Selbst die Anschläge vom 11. September 2001 durchdrangen nicht jede Faser des Lebens, wie es Corona tut. Die gewaltigen Veränderungen der letzten fünf Monate fühlen sich manchmal so an, als ob sie der Fantasie eines Science-Fiction-Autors entsprungen wären.
Obwohl die positiven Testraten seit Juni zwischen nur 1 und 2 Prozent schwanken, bleibt die Angst. Gouverneur Cuomo spricht sogar von der Unvermeidlichkeit einer zweiten Welle. “Ich habe das Gefühl, dass wir an einem Strand stehen und am Horizont sehen, wie sich eine weitere Welle bildet. Ich möchte, dass alle New Yorker in höchster Alarmbereitschaft bleiben. Das Virus breitet sich im Großteil unseres Lands mehr und mehr aus. Das wird früher oder später Auswirkungen auf uns haben”, so Cuomo.
Wie erleben die New Yorker unter diesen Umständen den Sommer – die Jahreszeit, in der man sich normalerweise entspannt und Spaß hat?
In gewisser Weise erwachte die Stadt in den letzten Wochen wieder mehr zum Leben. Der bekannte Sommer-Soundtrack ist auch dieses Jahr vielerorts zu hören: Die Werbejingles der Eiswagen, das Raunen der aufgeschraubten Hydranten, die Unmengen von Wasser auf die Straße schießen oder die laute Musik aus den Lautsprechern vorbeifahrender Autos. Vieles ist diesen Sommer aber ganz anders als in früheren Jahren.
Aufgrund von COVID-19 muss die Stadt versuchen, einen schwierigen, so noch nie dagewesenen Drahtseilakt zu vollbringen. Auf der einen Seite muss das Leben irgendwie weitergehen und dazu gehört, dass Menschen sich, wenn irgend möglich, im Sommer amüsieren. Genauso gibt es aber die Angst vor einem Wiederaufleben des Virus, dessen Schrecken New York wie kaum eine andere Metropole der Welt erfahren hat.
Der Kompromiss, für den man sich entschieden hat, ist Freizeitaktivitäten innen praktisch zu verbieten, aber sie draußen mit reduzierter Kapazität und Auflagen, vor allem Social Distancing (Abstand halten) und Tragen einer Maske zuzulassen. Massenevents, auch im Freien, kommen immer noch nicht in Frage.
Das bedeutet, dass New Yorker Parks, Strände, Pools, Zoos und Outdoor-Bereiche von Restaurants besuchen können. Auch Sportevents werden wieder stattfinden, aber erst einmal ohne Zuschauer. Baseball, Amerikas Sommersport, nahm den Spielbetrieb schon wieder auf, Die Teams darunter, die New York Mets und Yankees, spielen eine von 162 auf 60 Spiele verkürzte Saison. Auch das wichtigste Tennisturnier der USA, die US Open (31.08.-13.09.) im New Yorker Stadtteil Queens wird stattfinden, aber ebenfalls ohne Publikum.
Die Straßen sind immer noch viel, viel ruhiger, als vor dem Ausbruch der Pandemie. Es gibt praktisch keine Touristen, nur wenige Pendler oder auswärtige College Studenten. Viele Menschen, besonders Alte und Kranke, verlassen ihre Wohnung immer noch kaum.
Die überwiegende Mehrheit der Menschen hält sich an die Coronaregeln, aber es gibt auch Problemzonen, vor allem in Parks und den mehr als 22 km an Stränden. Hier patrouillieren die jeweiligen Hüter und bei Bedarf die Polizei, um Sünder an die Einhaltung der Vorschriften zu erinnern.
In vieler Hinsicht ist die Stadt in Wartestellung. Man weiß selbst in wichtigen Lebensbereichen, wie dem Schulbetrieb, erst einmal nicht genau, wie es weitergeht. Die eigentlich als hektisch und ungeduldig bekannten New Yorker zeigen in der Krise aber viel mehr Ruhe, als ihnen viele zugetraut hätten.