Tenement Buildings – Das waren die überfüllten Wohnhöllen für arme Einwanderer

Ein Tenement auf der Bayard Street – Foto Jacob Riis ‘How the other half lives’

Tenement Buildings waren Mietskasernen, die in der zweiten Hälfte des 19. und im frühen 20. Jahrhunderts für den ärmsten Teil der Bevölkerung, vor allem Einwanderer, hochgezogen wurden. Das Ziel der Bauherren war es, möglichst viele Menschen dort unterzubringen, um den Profit zu maximieren.

Viele Tenements wurden im südlichen Manhattan gebaut, in der Nähe der Docks, der Fabriken und der Gießereien, wo die Jobs waren. Im Lower East Side Viertel gab es die meisten. Die Zimmer waren meist hintereinander gelegen, um keine vermietbare Fläche mit Gängen zu ‘verschwenden’. Um zu einem Raum zu gelangen, musste man oft durch andere Zimmer gehen, Privatsphäre war so kaum existent.

Oft wurde im Hinterhof eines Tenements ein weiteres errichtet. Der Hausbesitzer konnte so noch mehr Miete aus seinem Grundstück quetschen. Diese sogenannten ‚Backhouses‘ konnte man normalerweise nur durch straßenseitig gerichtete Gebäude erreichen.

Foto Jacob Riis ‘How the other half lives’

Tenements galten in der Bevölkerung schon zu Bauzeiten als schrecklich, auch weil sich in den überfüllten, dreckigen Häusern, in denen viele Zimmer keine Fenster hatten, ansteckende Krankheiten wie die Pocken besonders schnell ausbreiteten.

Das Foto oben zeigt eine Szene im Gotham Court, auf der Cherry Street. Dieses 1851 für 150 Familien gebaute Tenement war ein besonders grauenvolles Beispiel.

Die Bevölkerungsdichte auf der Lower East Side erreichte bis zu 650 Menschen pro Hektar, Rekord in der Geschichte der USA. Das sind doppelt so viele Menschen pro Hektar wie im heutigen München-Schwabing, den am dichtest besiedelten Stadtviertel in Deutschland.

Gotham Court – Foto Jacob Riis ‘How the other half lives’

1867 und 1871 wurden Gesetze verabschiedet, die das Leben in den Tenements ein bisschen menschenwürdiger und weniger gefährlich machen sollten. Unter anderem wurden Feuertreppen Vorschrift und es musste zumindest minimal große Höfe geben, um etwas Durchlüftung zu gewährleisten.

Als die Einwanderung 1924 stark eingegrenzt wurde, endete der Bau von Tenements weitgehend. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Stadt, Blöcke von ihnen abzureißen, um Sozialwohnungskomplexe zu errichten, die einem moderneren Wohnstandard entsprachen.

Foto Jacob Riis ‘How the other half lives’

Es stehen jedoch auch heute noch sehr viele Tenements, die in zeitgemäße Apartmets umgebaut wurden. Da die alten Einwandererviertel heute Trendgegenden sind, sind die Mieten meist hoch.

Andere dieser Wohnhäuser wurden so komplett luxussaniert, dass nur noch die Außenmauern blieben. Auf der Minetta Street in Greenwich Village, einem Viertel im südlichen Manhattan, wurde ein 1883 gebautes Tenement, in dem einst zwanzig Familien lebten, zu einem Einfamilienhaus.

Nach einem langen Rechtsstreit mit neun Mietern wurde ein anderes Tenement auf der East 3rd Street (Foto unten) auf der Lower East Side zu einem Anwesen mit 1000 qm Wohnfläche umgewandelt, mit Esszimmer für 26 Personen.

47 East 3rd Street – Früher Tenement – heute Luxus pur

Im Tenement Museum kann man viel über das Leben damals erfahren und sich durch eine Wohnung führen lassen. Auch sehr zu empfehlen ist das Buch ‘How the other half lives’ von Jacob Riis, aus dem die Bilder im Beitrag stammen.

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