Die Corona-Lage in New York und dem Umland verbessert sich zunehmend und das im März befürchtete ‘Worst Case Scenario’ blieb zum Glück bei Weitem aus. Wochenlang hatte die Region jedoch bis zu 5% aller weltweiten Fälle und die Infektions- und Sterberaten übertrafen selbst die höchsten Zahlen in Norditalien.
Warum traf Corona New York so hart?
Es gibt mehrere Faktoren, die in Frage kommen. Fangen wir mit der Politik an. Bürgermeister de Blasio, Gouverneur Andrew Cuomo und Präsident Trump hätten die Bedrohung lange nicht ernst genug genommen und dann zu zögerlich reagiert, heißt es oft. Verbot von Massenversammlungen, die Schließung von Schulen und Unternehmen, Stay-at-Home (zu Hause bleiben) und Social Distancing (Abstand halten) Anweisungen, und die Maskenpflicht hätten früher verordnet werden sollen, sagen jetzt viele.
Im Rückblick auf die Anfangswochen kann man mit einiger Sicherheit sagen, dass frühere Maßnahmen die Infektionszahlen gesenkt hätten. Wie man später sah, hat das Runterfahren des Lebens aber beispiellose wirtschaftliche und menschliche Folgen. Hätte man es gemacht, bevor die Bedrohungslage wirklich klar war, kämen schnell Vorwürfe, dass der Staat wegen eines Virus überreagiert, der – so hieß es vielerorts – “nicht viel schlimmer als eine Grippe ist.” Es ist auch nicht sicher, ob es soviel besser für New York sehr gelaufen wäre, hätte der Shutdown früher angefangen, wenn man die Situation in New York und Florida vergleicht.
Andrew Cuomo, Gouverneur des Staats New York, verhängte am 20. März strikte Maßnahmen. Zu dem Zeitpunkt gab es im Staat circa 4.000 bekannte Infektionen und 30 Todesfälle. Ron DeSantis, sein Kollege aus Florida, führte erst am 1. April ähnliche Verordnungen ein, als es in seinem Staat 7.000 Infektionen und 100 Todesfälle gab. Trotzdem entwickelte sich die Lage in New York viel schlechter. Am 13. April gab es in New York 554 Todesfälle pro einer Million Einwohner, in Florida, 23.
Ein offensichtlich negativer Faktor ist die Bevölkerungsdichte New Yorks. Beispielsweise sind im nur 60 qkm großen Manhattan (so groß wie Fürth) an einem Wochentag um die 5 Millionen Bewohner, Pendler, Touristen usw. unterwegs. Auch in den anderen Bezirken ist es voll. Die Bevölkerungsdichte der Stadt New Yorks ist fast 3-mal so hoch wie in Berlin. Sicher begünstigt das den Ausbruch des Virus.
Dicht gedrängte Menschenmassen als Krankheitsauslöser sind für die New Yorker besonders beunruhigend, denn sie treffen Selbstverständnis und Identität der Stadt. Ist ein New York ohne Menschenmassen auf den Straßen, überfüllten U-Bahnen und dicht aufeinander lebenden und arbeitenden Menschen überhaupt existenzfähig?
Die Anzahl der Menschen auf kleinem Raum ist sicher ein Faktor, aber warum hat keine andere Megametrople sonst solch hohe Infektionsraten? Bis heute (5.Mai) gab es in New York circa 200.000 Menschen bekannte Infektionen. In Tokyo, einer Stadt mit weitaus größer Bevölkerung, waren es nur 5000 und in Seoul, einer weitaus dichter besiedelten Stadt, 700. Auch in allen anderen US-Metropolen wurden sehr viel kleinere Teile der Bevölkerung infiziert. Selbst in Chicago und Detroit, zwei weiteren stark betroffenen US-Städten, ist der Anteil an bekannten Infizierten nur etwa die Hälfte.
Besonders Seouls niedrige Opferzahlen zeigen, dass es auch in einem sehr dicht besiedelten Stadtgebiet keinen großen Ausbruch geben muss. Machten die dort ergriffenen Maßnahmen den entscheidenden Unterschied? Die koreanischen Behörden griffen auf Video- und Telefonüberwachung zurück, um den Ausbruch so genau wie möglich mitverfolgen zu können. In New York wäre dies nur schwer vorstellbar. Es wäre zu erwarten, dass sich viele Bürger in ihren Rechten eingeschränkt gefühlt hätten. Noch dazu ist die Bevölkerung im Gegensatz zu Seoul sehr heterogen. Nicht jeder spricht Englisch, ein beträchtlicher Anteil ist illegal im Land, und bekämen es bei solchen Aktionen mit der Angst zu tun, wieder andere hätten einfach keine Lust.
New York ist die kosmopolitischste Stadt in der Geschichte der Menschheit, mit ständigem Kommen und Gehen. Der Virusstamm, der hier zuerst auftauchte, kam mit großer Wahrscheinlichkeit über Europa, und nicht direkt aus Asien. Ist er auf seiner Reise zu einer besonders ansteckenden oder tödlichen Form mutiert?
Was kann sonst noch dahinterstecken? Gibt es Faktoren bei der Infrastruktur oder dem Gesundheitssystem, die die Ausbreitung begünstigten?
Im Moment haben wir nicht viel mehr als Vermutungen. Sobald die unmittelbare Krise vorbei ist, wird es wichtig sein, als diesen ungeklärten Fragen so gut wie möglich ohne vorgefasste Meinungen auf den Grund zu gehen.
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