Kaum eine Stadt hat so viel in Sachen Rockgeschichte zu bieten wie New York. Wir werfen einen Blick zurück auf die legendären Clubs und Hallen der 1960er und 1970er Jahre. Hier begannen Trends und hier starteten viele Stars ihre Karrieren.
Sie waren in Vierteln angesiedelt, in denen die Mieten billig waren und wo man relativ ungestört Lärm machen konnte. Gegenden, die als grenzwertig und nicht unbedingt als sicher galten, die aber auch interessant und voller Kreativität waren und viele Musiker inspirierten. Die gleichen Stadtteile sind 2020 ausnahmslos teuer und schick. Hier ein Blick auf die wichtigsten alten Clubs und Hallen und was sich heute an ihren Plätzen befindet.
Max’s Kansas City
1965 – 1981 213 Park Avenue South
Woher der Name kam, war nie ganz klar. Weder gab es einen Max noch irgendeine Verbindung mit Kansas City. Gestartet wurde er vom Nightlife-Impressario Mickey Ruskin. Andy Warhol hielt im 70 Quadratmeter großen Hinterzimmer Staat. Jeder, der etwas in der Kunst- und Musikwelt darstellte, tauchte irgendwann dort auf – von Rockgrößen wie Mick Jagger oder David Bowie bis hin zu Künstlern wie Salvador Dali. Bruce Springsteen, Aerosmith und Bob Marley traten auf, als noch niemand wusste, wer sie waren. Debbie Harry, die spätere Sängerin von Blondie, arbeitete hier zwei Jahre lang als Bedienung.
Natürlich waren Warhols Schützlinge, die Band Velvet Underground mit Lou Reed, unter den Stammgästen. Das Album „The Velvet Underground live at Max’s Kansas City“ wurde hier aufgenommen.
Unten ist hier heute “fraiche” zu finden, ein kleiner Lebensmittelladen, und oben befinden sich Loftwohnungen.
Fillmore East
1968 – 1971 105 Second Avenue
Das Fillmore East war ein altes jüdisches Theater, das der legendäre Promoter Bill Graham zu einer Halle mit 2.700 Plätzen umbaute. Die Liste von Künstlern, die hier auftraten, liest sich wie ein Who is Who der Rockgeschichte. Janis Joplin, Jimi Hendrix, Frank Zappa oder Miles Davis sind nur ein paar Namen.
Wo früher die Abendkasse und Lobby war, ist heute eine Bank, der Rest wurde in teure Wohnungen unterteilt. Die Vergangenheit ist hier aber nicht ganz vergessen. In der Bank hängen Fotos und Poster vom Fillmore, und die Stadt hat der Straßenecke an Second Avenue und 6th Street den Namen „Bill Graham Way“ gegeben.
CBGB
1973 – 2006 315 Bowery nahe Bleecker Street
In den 1970er Jahren war CBGB DIE die Brutstätte für Punk und New Wave in Amerika. Alle kamen sie hier durch, oft noch vollkommen unbekannt: Television, Patti Smith, die Dead Boys, um nur ein paar Namen zu nennen. The Police gaben hier ihr US-Debüt. Die ultimativen NY-Punkrocker, die Ramones, sind vielleicht die Band, die am engsten mit dem CBGB verbunden ist. Auch die späteren Weltstars Blondie waren Stammgäste hier.
Heute teilen sich zwei Bekleidungsläden die ehemaligen CBGB Räumlichkeiten: Designerboutique John Varvatos, der versucht, durch die vielen CBGB-Erinnerungsstücke, die er aufgekauft hat, von der reichen Vergangenheit seines Ladenlokals zu profitieren, und Outdoormarke Patagonia.
Mudd Club
1978 – 1983 77 White Street nahe Broadway
Nicht nur in „The Return of Jackie and Judy“ von den Ramones wurde der Mudd Club besungen (siehe Anfang des Artikels), sondern auch von den Talking Heads, Nina Hagen und Frank Zappa. Lou Reed, Johnny Thunders, David Bowie und die Talking Heads waren unter den Gästen. Die Ramones traten oft hier auf, und die B52s gaben hier ihr NY-Debüt. Auch der unvergleichliche deutsche (Counter-)Tenor und Performance-Künstler Klaus Nomi, der 1983 eines der ersten bekannten AIDS-Opfer wurde, gastierte hier. Der Mudd Club war eine Mischung aus Disko und Musikclub, schicker als CBGB oder Max’s Kansas City, und hatte eine starke Verbindung zur Kunstwelt. Jean-Michel Basquiat, Keith Haring und Kenny Scharf waren Stammgäste in dem Club, der auch für starken Heroinkonsum bekannt war. Benannt war der Club nach Samuel Mudd, einem Arzt, der den Attentäter von Präsident Lincoln, John Wilkes Booth, medizinisch behandelte und daraufhin selbst angeklagt wurde.
Heute sind dort Luxuswohnungen.
Electric Circus
1967 – 1971 – 19-23 St. Marks Place
Electric Circus verkörperte die psychedelische Szene der 1960er-Jahre in New York wie kein anderer Club.
Die Gäste wurden mit durch die unterschiedlichsten Darbietungen unterhalten. Darunter Rockshows, flammenwerfende Jongleure oder experimentelles Theater. Der Raum mit der riesigen Tanzfläche wurde von halluzinogenen Lichtprojektionen durchflutet. Zum Entspannen sassen die Besucher auf Sofas, die im ganzen Club verteilt waren.
Heute befinden sich dort Wohnungen und Geschäfte
Madison Square Garden
Nirgends auf der Welt fanden mehr hochkarätige Konzerte statt als im Madison Square Garden.
Praktisch jeder Künstler mit Rang und Namen stand seit 1968 auf der Bühne der 18.500 Zuschauer fassenden Arena, seien es die Rolling Stones oder Ed Sheeran.
Billy Joel, ein waschechter New Yorker, der sein ganzes Leben hier verbrachte, hält den Rekord mit 113 Shows im ‘Garden’ und bringt es auf den Punkt. “Was mich betrifft, ist der Madison Square Garden das Zentrum des Universums. Er hat die beste Akustik, das beste Publikum, den besten Ruf und die eine unvergleichliche Geschichte. Er ist ein Tempel des Rock ’n’ Roll.
Elvis Presley trat 1972 an vier Nächten hier auf – die einzigen Konzerte seiner Karriere in New York.
Andy Warhol’s Factory
1968 – 1973 – 33 Union Square West (Decker Building) im 6. Stock
Die Factory war zwar kein Musikclub, aber eines der legendärsten Stücke Popkultur in der Geschichte New Yorks.
Die Factory lag auf der anderen Seite des Union Square von Max’s Kansas City. Hier schuf Warhol viel seiner Kunst, aber es war auch ein legendärer Treffpunkt der New Yorker Untergrundszene.
1968 wurde Warhol dort von der radikalen Feministin Valerie Solanas durch Schüsse so schwer verletzt, dass er schon für tot erklärt wurde. Obwohl er noch fast 20 Jahre lebte, heißt es, dass er nach dem Attentat nicht mehr der Gleiche war. Grund für die Tat war wahrscheinlich, dass Warhol ein Theaterstück von Solanas nicht produzieren wollte.
2020 befinden sich ein Puma Store und Luxusapartments in dem Gebäude, das einst die Factory hauste.
Hier ist das Decker Building, in dem sich die Factory befand, heute. Es ist das zweite Gebäude von links.
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